01/2019 – Autorin: A. Thiemann – Westpreußisches Landesmuseum: Julie Wolfthorn
Westpreußisches Landesmuseum
Julie Wolfthorn: „Vergessen Sie uns nicht“
Bildnisstudie blauer Hut, o.J.
Vier Mädchen auf dem Waldboden, um 1907
Julie Wolfthorn (1864–1944) war eine begabte Malerin, Grafikerin und engagierte Frauenrechtlerin, deren außergewöhnliche Karriere durch die Machtergreifung der Nationalsozialisten abrupt endete. Aufgrund ihrer jüdischen Herkunft erhielt sie Publikationsverbot und durfte ihre Werke nur noch im Rahmen des Jüdischen Kulturbundes ausstellen. Das Terrorregime nahm ihr die Existenzgrundlage und schließlich das Leben. 1944 starb Wolfthorn im Konzentrationslager Theresienstadt. Zu ihrem 75. Todestag wird die in Westpreußen geborene und weitgereiste Mitbegründerin der Berliner Secession mit einer Ausstellung gewürdigt.
In der Berliner Kunstszene genoss die zugezogene Wolfthorn hohes Ansehen als Malerin und Illustratorin für Plakate, Bücher und Zeitschriften wie das Münchner Kunst- und Literaturmagazin „Jugend“, das zum Namensgeber der Kunstepoche Jugendstil wurde. Die großen Intellektuellen und Kunstschaffenden der Zeit ließen sich von ihr porträtieren. Unter ihren Auftraggebern waren einflussreiche Musiker, Maler, Architekten und Schriftsteller wie Gerhard Hauptmann. Ausgebildet wurde Julie Wolfthorn in Paris, da Frauen in Deutschland keinen Zugang zu den Kunstakademien hatten. Neben ihren Lehrern Gustave Courtois und Edmond Aman-Jean hatte auch die französische Plakatkunst à la Toulouse-Lautrec großen Einfluss auf ihre künstlerische Entwicklung. Nach ihrer Rückkehr nach Deutschland setzte sich Wolfthorn für die Professionalisierung des Künstlerinnenberufs ein, indem sie Netzwerke für kunstschaffende Frauen ins Leben rief und sich mit Gleichgesinnten wie Käthe Kollwitz für ihre Zulassung zum Kunststudium einsetzte. Darüber hinaus engagierte sie sich im Kampf um das Frauenstimmrecht und die Abschaffung des Paragrafen 218. In der Nachkriegszeit geriet Wolfthorns künstlerisches und reformerisches Wirken in Vergessenheit. Erst in den 1980er Jahren wurde sie wiederentdeckt. Mit Porträts, Landschaften, Stillleben und biografischen Dokumenten gibt das Westpreußische Landesmuseum einen faszinierenden Einblick in ihr facettenreiches Œuvre. | Anna Thiemann
bis 24.03.19
Westpreußisches Landesmuseum
Klosterstraße 21
48231 Warendorf
Tel. 02581-927770
Di–So 10–18 Uhr
www.westpreussisches-landesmuseum.de