10/2019 – Autorin: J. Schoene – Stadtmuseum Münster: Thomas Kellner
Stadtmuseum Münster
Thomas Kellner – Black & White
London Tower Bridge. © VG Bild-Kunst, Bonn 2019
Paris, Eiffelturm. © VG Bild-Kunst, Bonn 2019
Dadaist Marcel Duchamp parodierte die Ehrfurcht vor Meisterwerken der Kunstgeschichte, indem er eine Kopie der Mona Lisa bemalte und zu seiner eigenen Arbeit erklärte. Die Fotoserie „Black & White“ von Thomas Kellner sowie die gleichnamige Ausstellung in Münster bilden zwar etwas ganz anderes ab, spiegeln aber eine ähnliche Attitüde. Der Siegener Fotograf zerlegt bekannte Sehenswürdigkeiten der Welt, indem er sie in analoge Detailaufnahmen zerstückelt und dann neu zusammensetzt. Was man auf seinen Werken sieht, sind sehr konkrete architektonische Bauwerke. Insofern ist das Bild, das entsteht, vertraut – in der De- und Rekonstruktion zugleich aber auch fremd.
Wenn man den Blick über Kellners Fotografien bzw. Collagen wandern lässt, findet man kaum Halt, denn die Aufnahmen bilden unzählige Perspektiven zugleich ab, nehmen zig verschiedene Standpunkte vor den abgebildeten Gebäuden ein. So werden Eiffelturm, Tower Bridge und andere bekannte architektonische Stätten zu heterogenen, abstrakten und doch zugleich wirklichen Gebilden. In exakter Maßarbeit werden neue, komplexe Welten erschaffen. Wie in einem bewegten Kaleidoskop meint man fast ein Schwanken und Tanzen zu spüren, jede Sekunde droht das Ganze einzustürzen. Im Grunde imitieren die Arbeiten den Prozess des Sehens selbst und es ist, als würde man aus hundert Augen gleichzeitig schauen. Kellner nutzt für seine spezielle Montagetechnik die Kontaktabzüge von Aufnahmen, bei denen die horizontal verlaufenden schwarzen Streifen der Negative zwischen den einzelnen Bildern und ihre Nummerierung erhalten bleiben. Dadurch wird der Fokus abwechselnd vom Medium in seiner ursprünglichen Form zum Abgebildeten gelenkt – von der Form zum Gegenstand. Den Ursprung Kellners künstlerischer Arbeitsweise bildete 1997 eine mehrteilige Reihe des Eiffelturms, die als zusammengesetztes Porträt des Wahrzeichens eine Hommage an den Kubismus waren.
bis 10.11.19
Stadtmuseum Münster
Salzstr. 28
48143 MS
Tel. 0251-4924503
Di–Fr 10–18, Sa–So 11–18 Uhr
www.stadt-muenster.de/museum