Sensing Scale – Von der Architektur des Digitalen
Kunsthalle Münster
Sensing Scale. Installationsansichten Kunsthalle Münster 2021. Fotos: Volker Renner
Emma Charles. Fragments. 2013
Bahar Noorizaedeh. After Scarcity. 2018
AUSGABE 3/2021 – Autorin: Katja Angenent
Macht, Raum und Verfügungsgewalt hängen schon seit jeher eng zusammen. In unserem digitalisierten Zeitalter werden diese Determinanten durch Datenströme nicht nur symbolisiert, sondern auch verkörpert. Ein Tatsachenkomplex, der Künstlerinnen und Künstler seit Jahrzehnten zur kritischen Auseinandersetzung reizt. Die Kunsthalle Münster zeigt nun unter dem Titel „Sensing Scale“ sechs Arbeiten, die sich dem räumlichen Phänomen der digitalen Datenströme annehmen. Zu sehen sind Werke und Videoinstallationen von Tekla Aslanishvili, Pedro Barateiro, Emma Charles, Geocinema, Bahar Noorizadeh und Wolfgang Tillmans. Aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchten sie das Ausmaß der Informationsdichte.
Dafür schauen sie hinter Netzwerke und verfolgen die Kabel. So werden einige der sonst verborgenen Infrastrukturen sichtbar. Schauplätze dieser Suche sind unter anderem ein Rechenzentrum in Manhattan, ein Fischerdorf an der georgischen Küste und Satellitenantennen außerhalb von Beijing. Es ist ein spannendes, aber auch komplexes Themenfeld, dessen sich die Kuratorinnen Merle Radtke und Vera Tollmann angenommen haben. Internet, Telefon, Fernsehen oder alles zusammen im Smartphone: Daten sind jeden Tag um uns. Indem wir uns ihrer bedienen, produzieren wir unsererseits wieder neue Datenströme. Die Informationsdichte wächst und wächst, bleibt aber gleichzeitig unsichtbar und abstrakt. Dabei bestimmt die Technologie längst nicht nur unseren Alltag, sondern auch die Geopolitik. Durch die technologischen und geopolitischen Größensprünge haben sich Wertesysteme wie Zeit, Produk-tivität und Arbeit verändert, und sie – das zeigt die Ausstellung in der Kunsthalle eindringlich – ändern sich immer noch. Die Künstlerinnen und Künstler entwickelten ihre Arbeiten ausgehend von den Übersetzungen der Welt in Datenmaterial. Das mündet zuweilen in einen dokumentarisch anmutenden Film, kann aber auch plastisch vor den Augen zerfließen oder in Wohnzimmeratmosphäre zum Lauschen und Diskutieren einladen. „Sensing Scale“ ist eine gewinnbringende Reflexion über den Menschen in der digitalen Welt, für die sich alle Interessierten Zeit zum Zuhören und Reflektieren nehmen sollten.
Sensing Scale
30.05.21–12.09.21
Kunsthalle Münster
Hafenweg 28
48155 Münster
Tel. 0251-6744675
Di–So 12–18 Uhr
www.kunsthallemuenster.de