Writing the painting – Mark Tobeys Werk der 50er Jahre
Hachmeister Galerie
Spring. 1959. VG Bild-Kunst, Bonn 2022
Wild passage. 1956. VG Bild-Kunst, Bonn 2022
Ausgabe 1/2022 – Autorin: Anna Thiemann
Oft als Vorreiter des amerikanischen Expressionismus gefeiert, der unter anderem Jackson Pollock beeindruckte, hatte Mark Tobey ein gespaltenes Verhältnis zur abstrakten Formsprache seiner Zeitgenossen. Die absolute Abkehr vom Leben, von der Realität, die die reine Abstraktion zu versprechen schien, hielt er für inakzeptabel. Als Kosmopolit, der vom Mittleren Westen nach New York, Seattle, Europa und Asien reiste, war Tobey vom urbanen Leben ebenso fasziniert wie von abstrakten Formen, die er in der Natur vorfand, und er befasste sich leidenschaftlich mit Wissenschaft und Spiritualität, mit europäischer und fernöstlicher Kunstgeschichte. All diese komplexen Einflüsse resultierten in einer einzigartigen Ästhetik.
In seiner Auseinandersetzung mit chinesischer und japanischer Kalligrafie erfand Tobey eine neue als „white writing“ bezeichnete Maltechnik, die ihm besonders in Europa große Anerkennung bescherte. Die figurative Malerei hinter sich lassend, experimentierte er Mitte der 1930er Jahre in seinen Broadway-Bildern erstmals mit kalligrafischen Linien, die die pulsierende Energie des New Yorker Stadtlebens, das Lichtermeer, das Verkehrsgetümmel und die Menschenmassen, auf neue Weise einfingen. Auch wenn seine Bilder zunehmend abstrakt wurden, verloren sie nie ihre Referentialität. Der Realitätsbezug lässt sich an seinen Werktiteln ablesen, die etwa auf Naturphänomene rekurrieren. Im Gegensatz zum Pollockschen „action painting“, in der die Kunst zur rauschhaften Spontanhandlung wird, ist Tobeys Malerei kein Zufallsprodukt, dem der Künstler nachträglich einen Titel, oft nur eine Nummer oder das Entstehungsdatum, verpasst, sondern das Ergebnis eines planmäßigen Prozesses: „The writing style is not an abstraction. Each line has a purpose and a meaning important to the whole.“ Dieses „Ganze“ suggeriert eine höhere spirituelle Bedeutung, die jenseits der physischen Welt und in der Kunst erahnt werden kann. Die Galerie Hachmeister zeigt nun Meisterwerke aus den 1950er Jahren, als Tobeys charakteristische Technik voll ausgereift war.
Mark Tobey. Meisterwerke aus den 1950er Jahren
18.02.–09.04.22
Ausstellung wird verschoben!
Hachmeister Galerie
Klosterstr. 12
48143 Münster
Tel. 0251-51210
Di–Fr 14–18, Sa 11–14 Uhr n. Vereinbarung
www.hachmeister-galerie.de