A Letter from the Front – Kunst gegen den Krieg
Kunsthalle Münster
Yaroslav Futymsky. Flag is burning. 2019
AntiGonna (in collaboration with Nikita Kadan). Lucid Skin. 2019
Ausgabe 3/2022 – Autorin: Anna Thiemann
Als Nikita Kadan kurz nach der russischen Invasion seines Landes im Februar 2022 von der italienischen Kuratorin Giulia Colletti gefragt wurde, ob er angesichts der dramatischen Entwicklung eine Ausstellung mit zeitgenössischen ukrainischen Werken für eine Ausstellung im Castello di Rivoli Museo d‘Arte Contemporanea zusammenstellen könnte, musste der Künstler nicht lange nachdenken – eine Liste mit potenziellen Exponaten, filmischen Arbeiten und Videos, war schnell zusammengestellt. Dies lag zum einen an der Art und Weise, wie die Kunstszene in der Ukraine funktioniert, und zum anderen an der gemeinsamen Signalwirkung und dem unheimlichen Aktualitätsbezug der Werke, deren Entstehungszeit bis in das Jahr 2007 zurückreicht.
Die ukrainische Kunstszene ist von lokalen Netzwerken geprägt, von Künstlern, die eng zusammenarbeiten und ihre Werkschauen selbst organisieren. Zugleich verbindet die Werke, die nun in der Kunsthalle Münster zu sehen sind, ein gemeinsames Sujet. Obwohl sie sich mit unterschiedlichsten Aspekten der ukrainischen Kultur und Gesellschaft befassen, keimt in ihnen die Vorahnung einer Katastrophe, wie Kadan in einem Gespräch mit dem Münchener Haus der Kunst ausführt. Der Krieg, der die westliche Welt Anfang des Jahres überraschte, begann für ihn bereits vor acht Jahren, und selbst ältere Arbeiten weisen dieselben Symptome einer Bedrohungslage auf. Darüber hinaus ist die Ausstellung von den Umständen ihrer Entstehung gezeichnet. Nicht selten mussten Festplatten auf der Flucht zurückgelassen werden, sodass nur qualitativ minderwertige Versionen einzelner Werke verfügbar sind, und einige Künstler sind in den umkämpften Städten eingeschlossen. Trotz der räumlichen Trennung sehen sie sich mehr denn je als Solidargemeinschaft, die für eine gemeinsame Sache kämpft. So zeichnet die Ausstellung das eindrucksvolle und intime Bild eines Landes, das sich schon lange am Abgrund wähnte und nicht müde wird, die eigene Autonomie zu verteidigen.
A Letter from the Front
10.07.–11.09.22
Kunsthalle Münster
Hafenweg 28
48155 Münster
Tel. 0251-6744675
Di–So 12–18 Uhr
www.kunsthallemuenster.de